Entwerfen WS 04/05

recycle-it

AUFGABE

Das Entwurfsprogramm konzentriert sich auf die prototypische Entwicklung von Mobiliar. Wesentlicher Ausgangspunkt der Überlegungen soll einerseits die Nutzung des breiten Angebots an Rohmaterialien und Halbfabrikaten in den heimischen Baustoffmärktensein, andererseits können aber auch Objekte und Gegenstände „recycliert“ werden. Der “Low-Budget-Anspruch” stellt sich damit zwangsläufig in dem Mittelpunkt des spezifischen Blickfeldes. Dennoch sind auch methodische Ansätze, wie z.B. Verfremdung und Zweckentfremdung in den Entwurf miteinzubeziehen. Die zum Einsatz gebrachten Materialien sind jedenfalls nicht als Platzhalter zu verstehen, sondern in eine gestaltorientierte Vorgehensweise zu intergrieren. Diese soll jedenfalls nicht im Bastelstadium enden, sondern zu einer konstruktiven Entwicklung führen. Möbelgestaltungen können grundsätzlich als ureigene Architekturaufgabe betrachtet werden, wobei der Realitätsbezug einen besonderen Stellenwert hat: Mittels realer Materialien werden wirkliche Objektgestalten konstruiert, um anschließend von funktionstüchtigen menschlichen Körpern getestet zu werden. Eine solche Arbeit am Modell in wahrer Größe führt dazu, daß die dem Material innewohnenden Möglichkeiten und Beschränkungen kontrolliert werden. Beim praktischen Umgang mit dem Material werden einschlägige Entscheidungen getroffen und auf diese Weise eine Auseinandersetzung mit Fragen zur Gestaltentwicklung gefördert. Das substantielle Zusammenwirken von Form, Material und Farbe ist schließlich eine Kernaufgabe der Raumgestaltung. Die Mobilität jedenfalls sollte im Zuge der Entwurfserarbeitung nicht aus dem Auge verloren werden.

LEISTUNGSUMFANG

Eine Recherche nach Rohmaterialien und Halbfabrikaten und/oder geeigneten (recyclierten) Artefakten stellt den Ausgangspunkt der Übung dar, welche als Grundlage für die zu erarbeitenden Konzepte dient. Die Entwurfsvorschläge sind in Form eines oder meherer Prototypen in wahrer Größe zu erarbeiten.

RESUMEE

Die vorgestellten Möbelentwürfe zeigen auf, in welch vielfältiger Art und Weise bis dato „unbeachtet“ gebliebene Basismaterialien eingesetzt werden können, um letztendlich visuell, wie auch funktional interessantes Mobiliar daraus zu entwickeln. Ob Wäscheständer, Bierdeckel, Kleiderbügel, Montagebänder oder Autoreifen, immer wieder entstehen vor unseren Augen Möbelobjekte, die zu überraschen vermögen und die ursprünglich zugewiesene Funktionsweise von einem auf den anderen Moment in den Hintergrund drängen. Der Kleiderbügel ist damit nicht mehr länger ein Instrumentarium in Sachen Aufhängung und Lagerung, sondern wird zum repetitiv eingesetzten Bestandteil eines Objektes, welches zum Sitzen einlädt. So wird aus Schwamm und Bewehrungsstahl ein komfortables und nicht minder elegantes Sitzmöbel und aus Abflussreinigern und einer Getränkekiste ein originell anmutender Sitzhocker. In jedem Fall entwickeln sich eigenständige Gestaltbildungen, die solcherart ihre eigene Ästhetik zu entwickeln vermögen.Der eingesetzte Basiswerkstoff wird hierzu hinsichtlich seiner statischen wie funktionellen Charakteristiken untersucht, und seiner neuen Aufgabe, resp. seinem neuen Einsatzgebiet zugeführt. Materialien die geeignet sind Druck aufzunehmen, übernehmen in Folge dessen lastabtragende Funktion, wohingegen auf Zug zu belastende Elemente in eben diesem Sinne ihren Einsatz finden. Die ursprüngliche Bedeutung, wie auch die originale Funktionsweise werden dabei zur Gänze hintangestellt, mehr noch, in manchen Fällen sogar ins Gegenteil verkehrt. Der Werkstoff wird solcher Art von seiner Bedeutung befreit und ist fortan in der Lage neu bewertet, wie auch betrachtet zu werden. Im Zuge dieses Arbeitschrittes erfährt er gleichsam eine Art Neutralisierung. Nur auf Grundlage dessen, kann er in weiterer Folge seine neue Funktion und Rolle einnehmen. Gelingt dieser Vorgang, handelt es sich nicht mehr länger um Baustahl, aus welchem ein Möbel gefertigt wurde. Vielmehr ist der Betrachter überrascht an einem Möbel einen anderweitig bekannten Werkstoff zu entdecken…