Wasserspuren

Projekt: "Wasserspuren - Nachhaltige Zukunftspfade"

Beschreibung

Nachhaltigkeit ist zu einem Schlagwort des öffentlichen Lebens geworden. Ob wir es wünschen oder nicht, Nachhaltigkeit ist die einzige Tür, die der Menschheit langfristig offensteht. Die Wiener Wasserversorgung gibt ein sehr anschauliches Beispiel für eine nachhaltige Wirtschaftsweise ab. Sie war Anlaß, im Herbst 1998 Prominente aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung als „Zündkopf und Reibfläche“ den Themenkomplex „Nachhaltige Zukunftspfade“ im Rahmen einer Veranstaltungsreihe erörtern zu lassen. Mit den Beiträgen der Veranstaltungsreihe „Nachhaltige Zukunftspfade“ wurde das Ziel verfolgt, zum Umdenken anzuregen und dieses als Daueraufgabe verständlich zu machen. Die Verflechtung methodisch-abstrakter Fragestellungen wie der Raumverträglichkeit und nachhaltiger Raumnutzung mit Beiträgen zur 1. Wiener Hochquellenleitung sollte die Chance bieten, die Theorie mit der Praxis zu verknüpfen. Mit der Veranstaltungsreihe sollten weiters die guten Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen dem Magistrat der Stadt Wien und der Technischen Universität Wien dokumentiert und ins Licht gerückt werden.

Die Veranstaltungsreihe zum Thema „Nachhaltige Raumnutzung“ im Zusammenhang mit dem Jubiläum „125 Jahre 1. Wiener Hochquellenleitung“ in der Alten Schieberkammer auf der Schmelz umfaßte folgende Teilveranstaltungen:

Was & wann?

  • 15.10., 17h: Eröffnungsevent (Rektor Dr. Skalicky und Stadtrat Svihalek)
  • 16.10., 19h „Wasser predigen, Wein trinken?“ Impulsreferate und Gespräche zu nachhaltigen Lebensstilen (Prof. Dr. Wolfgang Schulz, Soziologe u. Prof. Dr. Heinrich Wohlmeyer, Agrarexperte)
  • 19.10., 10h „Raumverträglichkeitsprüfung als Beitrag zur nachhaltigen Raumnutzung“, Arbeitsgespräch mit Prof. Dr. Bossel, Umweltsystemforscher (wissenschaftlich-methodischer Schwerpunkt)
  • 20.10., 19h „Nachhaltige Raumnutzung – Beispiel Trinkwasserversorgung der Stadt Wien“, Impulsreferate Dipl.-Ing. Robert Köck, ÖVGW und Dipl.-Ing. Sailer, Wiener Wasserwerke
  • 21.10., 19h: Umweltforum der Wiener Vorlesungen, Podiumsgespräch zum Thema Wasservorrat, Wasserhaushalt, Wasserversorgung – Status quo und Perspektiven, Prof. Dr. Heinz Löffler, Biologe, Prof. Dr. Alexander Tollmann, Geologe, Dipl.-Ing. Peter Suchomel, Wiener Wasserwerke
  • 22.10., 10h „Nachhaltige Raumnutzung – Beispiel Arten- und Lebensraumschutzprogramm der Stadt Wien“, Informations- und Diskussionsforum, Dipl.-Ing. Harald Kutzenberger, Dr. Joseph Mikocki

Rahmen

Das visuell, akustisch und haptisch erlebbare Rahmenprogramm umfaßte videoakustische Installationen zum Thema Wasser, eine Wasserbar mit „Wassermöbeln“, Schautafeln zum Thema Nachhaltigkeit sowie Karstforschung sowie ein analoges und digitales Modell der Schneealpe.

Klient

Magistrat der Stadt Wien (Umweltschutzabteilung)

Team

Als Projektträger fungierte IRIS-ISIS (Institut für Räumliche Interaktion und Simulation) in Zusammenarbeit mit

  • der Stadt Wien (Umweltschutzabteilung, Wasserwerke und Gruppe Wissenschaft der Abteilung für Stadtentwicklung und Stadtplanung) und
  • Technische Universität Wien (Institut für Örtliche Raumplanung; Institut für Hydraulik, Gewässerkunde und Wasserwirtschaft; Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung)

Gesamtkoordination: Kurt Ricica

Projektteam: Ulrike Haslinger, Philipp Krebs, Gerhard Kastler, Michael Kubik, Friedrich Moser, Kurt Ricica, Susi Schreiner, Mario Schwarz, Astrid Rompolt, Andreas Voigt, Hans Peter Walchhofer

Dauer

15.-22. 10. 1998

Kontakt

iris@isis.tuwien.ac.at

In publizierter Form liegt eine ca. 60 seitige Textsammlung zum Thema „Wasserspuren – nachhaltige Zukunftspfade“ mit Texten zur 1. Hochquellenleitung und den Quellenschutzgebieten sowie den angeschnittenen wissenschaftlichen Themen (Raumverträglichkeit, Karstforschung, Tier- und Pflanzenwelt, Fernerkundung etc.) vor.

Weiters wurde im Rahmen der Veranstaltungsreihe die im Auftrag der Stadt Wien, MA22 (Umweltschutz) erstellte Forschungsarbeit „Raumverträglichkeit – Beitrag zur nachhaltigen Raumnutzung“ (Ricica, Kurt und Voigt, Andreas, Hrsg., Wien 1998) der Öffentlichkeit vorgestellt.

Anmerkungen

Wissenschaftlicher Ansatz zur Implementierung von Nachhaltigkeit

Die Forschungsarbeit „Raumverträglichkeit als Beitrag zur nachhaltigen Raumnutzung – Ein Leitfaden“ ist als ein Beitrag zur Operationalisierung des Begriffes der Nachhaltigkeit zu verstehen. Es wird darin ein Rahmen für zeitgemäße, dem Anspruch einer umfassenden Betrachtung Rechnung tragende Entscheidungsfindungen entwickelt.

Methodisch baut die Arbeit auf dem systemischen Ansatz von Hartmut Bossel (1997) auf. Bossel spezifiziert den Begriff Nachhaltigkeit über Leitwerte der (Über-) Lebensfähigkeit von Systemen. Systemumwelten sind von sechs fundamentalen Umwelteigenschaften gekennzeichnet: Spezifischer Umweltzustand, in dem das System überhaupt existieren kann, Ressourcenangebot, Vielfalt, Variabilität, Wandel und Interaktion mit anderen Umwelten. Als Antwort darauf haben natürliche Systeme (Lebewesen) die folgenden Eigenschaften koevolutiv entwickelt, an denen sich Systeme allgemein (natürliche oder künstliche) in bezug auf nachhaltige Entwicklung orientieren müssen, um in ihren Umwelten dauerhaft bestehen zu können, und die als Leitwerte definiert werden: Existenz, Wirksamkeit, Handlungsfreiheit, Sicherheit, Wandlungsfähigkeit und Koexistenz. In der Praxis sollen diese Leitwerte in erster Linie als Prüfkriterien für die Auswahl von Indikatoren dienen, die nachhaltige Entwicklung signalisieren können. Dieses Konzept der Leitwerte wurde im Rahmen der Veranstaltung beispielhaft an der Wiener Wasserversorgung diskutiert.

Der Leitfaden leistet die Einbindung dieses systemischen Ansatzes in eine gesamthafte Systemdarstellung des Raumes, welche die statische Betrachtungsweise (Struktur, Komponenten), die dynamische Betrachtungsweise (System, Wirkungsgefüge, Energie- und Stoffströme) und die visuell-sensuelle Betrachtungsweise (Wahrnehmung, Erlebnis, Bewußtsein) des Raumes als Voraussetzung für eine integrative Problemlösung miteinander verknüpft.

Rahmenprogramm „Wasserspuren – nachhaltige Zukunftspfade“

Wissenschaftliche Methoden und ihre Diskussion ermöglichen allein keinen lebendigen Zugang zu Wasser, Landschaft und Raum. Zugänge zum Thema erfordern daher sinnliche Eindrücke.

Durch die Inszenierung des Veranstaltungsraumes – Alte Schieberkammer auf der Schmelz – sollte Wasser „in der Luft liegen“ so wie ein anregendes und kommunikatives Ambiente geschaffen werden, das gezielt Anknüpfungspunkte für Gespräche anbot.

Skizze der Rauminszenierung

Man erreichte das Ausstellungsgebäude durch einen textilen „Wasserfall“ vor dem Haupteingang, betrat über die Brücke das verdunkelte Obergeschoß und stand vor einer Brüstung, die in einen Steg überging. Mit dem Betreten des Steges wurde der Blick in die Welt des Wassers frei: beidseitig war man an Boden und Leinwänden von videoakustischen Installationen aus dem Kaiserbrunnen und anderen Quellfassungen umgeben. Auf dem Weg ins Untergeschoß lud ein Text („Zurück zu den Quellen“) ein, meditative Stimmung zu verstärken. Kristallisationspunkt im Untergeschoß, wo die Gespräche stattfanden, war eine Wasserbar, die gleichzeitig als Rednerpult diente, mit einer Sitzgruppe aus „Wassermöbeln“. Saßen mehrere Personen auf einem Wasserpolster, so war – zumindest sensuelle – Kommunikation über das Wasser garantiert. Zentrale Aussagen zum Themenkreis waren auf Schautafeln gegenwärtig.

 

Videoakustische Installation – detaillierte Beschreibung

Das einzigartige Erlebnis des Landschaftsraumes des Quellgebietes der 1. Wiener Hochquellenleitung, insbesondere ihrer Quellen und baulichen Anlagen, visuell und akustisch in die Großstadt Wien zu vermitteln, stand am Beginn des medialen Ausstellungskonzeptes. Der Veranstaltungsort, das Gebäude der Alten Schieberkammer auf der Wiener Schmelz, bot einerseits aus seiner ehemaligen Funktion heraus und andererseits durch die architektonische Verwandtschaft zu anderen Bauanlagen im Quellgebiet die Möglichkeit, dieses Konzept zu realisieren.

Die Idee, über einen Steg, den Ausstellungsraum zu betreten, entstammt der Architektur der „Wasserwelt“ des Kaiserbrunnens (einer der Hauptquellen der 1. Wiener Hochquellenleitung). Dort ist es möglich, in luftiger Höhe über ein Wasser-Sammelbecken zu gehen. Im Hintergrund ist das mächtige Rauschen von aus Bergspalten quellendem Wasser zu hören. Durch die Größe des Raumes ergibt sich eine Akustik, die einem großen Dom nahe kommt. Dieses visuelle und akustische Erlebnis wurde nun rund um den Steg „nachgebaut“: Das Betreten des Gebäudes durch einen Vorhang (vergleichbar dem oft überraschenden Raumerlebnis beim Betreten einer großen Kirche durch eine kleine Tür) sollte den Besucher in die „Wasserwelt“ einführen. Zwei Videoprojektoren strahlten Videoaufnahmen des Wassers, das in der originalen „Wasserwelt“ vor Ort von oben (d.h. vom Steg aus) zu sehen ist, auf mit Sand beschüttete Projektionsflächen am Boden. Dahinter, in dem weitgehend dunklen Raum, wurden Videomonitore links und rechts positioniert, die aus dem Berg fließendes Quellwasser (Pfannbauernquelle) und im Stollen im Berginneren abfließendes Quellwasser (Quelle Nr. 20, Höllental) zeigten. Diese, durch die Leuchtkraft der Monitore entstandenen Lichtpunkte wurden durch, auf semitransparente Leinwände projezierte, architektonische Wandelemente (Felsstrukturen, Bögen etc.) ergänzt und ergaben somit eine räumliche Fassung der Installation. Der akustische Raum wurde durch die in Stereo-Technik wiedergegebenen Tonaufnahmen von fließendem Wasser simuliert.